Persönlichkeitsentwicklung
14. November 2011

Warum sterben wir?

Von Alexander Rubenbauer, Nürnberg
 

Wenn es einen “Schöpfer” gibt: Warum hat er das Konzept des Todes in seine Schöpfung eingebaut?

Ich habe mir diese Frage schon häufiger gestellt.

Warum müssen wir – vor allem wenn wir Spaß an unserem Leben haben – sterben, und all die Freunde und unsere Familie zurücklassen, all unser mühevoll angeeignetes Wissen “vergessen”, all unsere mühevoll verwirklichten oder noch zu verwirklichenden Träume aufgeben?

Nur, um in einem neuem Leben andere Erfahrungen zu machen, müssten wir doch nicht sterben.

Beispielsweise schafft man es in einem einzigen Menschenleben für gewöhnlich nicht, wesentliche Teile von dem großen, wundervollen Planeten kennen zu lernen, auf dem wir leben.

Was für eine “Verschwendung” das doch wäre, wenn wir nur ein Leben hätten.

Warum also altern wir und sterben schließlich? Oder warum sterben wir manchmal schon viel zu früh?

Ich denke, mittlerweile eine persönliche Antwort auf diese Frage gefunden zu haben:

Nehmen wir an, dass wir nach dem Tod wieder die Form unserer “Essenz” annehmen, – nennen wir es “Seele” – oder in der “Essenz” als einziger “Gesamtenergie” aufgehen und uns dann erneut in jeder gewünschten Form – z. B. als Mensch auf der Erde, mit bestimmten Eigenschaften, in einer bestimmten Umgebung, vielleicht sogar bestimmten “Zielen” oder “Vorhaben” – erneut manifestieren können (der Glaube an eine selbstbestimmte, selbstinitiierte Wiedergeburt).

Vielleicht dient der “Tod” und dessen ständige “Bedrohung” dazu, den “Spaß” an diesem “Spiel des Lebens” aufrecht zu erhalten?

Man denke an ein Computerspiel, in dem man unverwundbar ist und außerdem für alle Level unendlich viel Zeit hat, und frage sich, ob das Spaß machen würde. Warum haben Computerspiele lauter künstliche, obwohl prinzipiell unnötige Beschränkungen (Zeitablauf, Verwundbarkeit, Nachbildung einschränkender physikalischer Gesetze, usw.)?

Die Antwort dürfte nicht schwer fallen: Weil sonst die Herausforderung fehlt und das Spiel “sterbenslangweilig” wäre.

Warum sollten wir das in einem Zustand, in dem wir eher dem Computerspieler vor dem Monitor als der Spielfigur ähneln, in Bezug auf das “echte Spiel des Lebens” anders sehen?

Und der Tod hat noch weitere, handfestere, von den eben aufgestellten Theorien unabhängige Vorteile:

Wenn wir daran denken, wie viele Ausreden, Ablenkungen, Anlässe usw. (konkret z. B. unsere Arbeit) wir dazu nutzen, unsere Großeltern nicht zu besuchen und unsere Kinder zu vernachlässigen, weil wir Geld verdienen “müssen”, und das, obwohl unsere Zeit hier ohnehin bereits so stark begrenzt ist:

Wie würden wir uns erst gegenseitig vernachlässigen, wenn wir ewig leben würden, und uns nicht spätestens beim Gedanken an den Tod bewusst werden würde, dass das letzte Hemd keine Taschen hat; wir den materiellen Reichtum, den wir über die Jahrzehnte angehäuft und dafür auf viel Zeit mit unseren Liebsten verzichtet haben, nicht mit ins Grab nehmen können?

Wenn wir nie erkennen würden, dass gemeinsam verbrachte Zeit glücklicher macht hat als die Anhäufung von materiellem Reichtum? Wenn Zeit – wie alle im Überfluss vorhandenen “Güter” – an Wert verlieren würde?

Dann würde es komplett an einer Instanz mangeln, die uns wieder das Wesentliche vor Augen führt: Mit wem will ich die kurze Zeit verbringen, die mir noch bleibt? Und was will ich bis dahin tun? Was macht mir Freude?

Wir schieben ohnehin so Vieles vor uns her, womöglich würden wir nie mit den wirklich wichtigen Dingen beginnen, wenn wir nicht wüssten, dass die Uhr tickt; unsere Zeit abläuft.

Und wer weiß: Am Ende ist es vielleicht doch so, dass wir (auf einer höheren Ebene) “ewig leben”, und ziehen es lediglich vor, wie im Computerspiel mit Einschränkungen zu spielen, um das Leben spannender zu machen und uns den Spaß daran zu erhalten.

 

Über den Autor
Alexander Rubenbauer ist Psychologe (M. Sc.) und Psychologischer Psychotherapeut. Er bietet Psychotherapie sowohl persönlich in Herrieden bei Ansbach als auch über das Internet an. Er ist per E-Mail erreichbar.

 

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