Psychologie
12. April 2017

Einstellungsinterviews sind kaum aussagekräftig

Von Alexander Rubenbauer, Nürnberg
 

Wie der „Report Psychologie“ in der Ausgabe 12/2016 () berichtet, ergab eine Online-Umfrage unter 214 deutschen Unternehmen, dass Einstellungsinterviews häufig nur wenig strukturiert ablaufen. Es werden zwar Interviewleitfäden eingesetzt, an denen man sich beim Auswahlgespräch orientiert. Die Auswahl der Fragen orientiert sich jedoch nicht ausreichend an den Anforderungen der zu besetzenden Stelle, unterschiedlichen Bewerbern werden unterschiedliche Fragen gestellt, und die Bewertung der Antworten erfolgt nicht nach zuvor festgelegten Kriterien.

Ein Artikel der New York Times kommt zum gleichen Ergebnis: Unter der Überschrift „The Utter Uselessness of Job Interviews“ wird unter anderem von einer Studie [PDF] berichtet, bei dem die Versuchsteilnehmer dem Interviewer zufällige Antworten gaben. Keinem Interviewer sei aufgefallen, dass er zufällige Antworten erhielt. Die Interviewer bevorzugten es sogar, zufällige Antworten zu erhalten, und ihr Urteil darauf zu gründen, als gar keine Antworten zu erhalten und ihre Entscheidung allein auf Hintergrundinformationen zu stützen, obwohl die erhaltenen Antworten keinerlei inhaltlichen Wert besaßen.

Das zeigt, dass Menschen keinerlei Schwierigkeiten haben, erhaltene Informationen zu einem kohärenten Gesamtbild zusammenzufügen, auch wenn diese mit der Realität nichts zu tun haben.

Sinnvoller wäre demnach, potentielle Arbeitnehmer probearbeiten zu lassen. Während der Probearbeit kann die Arbeitsweise eines Bewerbers in der natürlichen Arbeitsumgebung anstatt bei künstlichen Rollenspielen beurteilt werden. Allerdings nimmt die Probearbeit mehr Zeit in Anspruch, was gerade für Arbeitnehmer, die z. B. gegenwärtig anderweitig angestellt sind, problematisch ist. Darüber hinaus zeigt die Probearbeit in den meisten Fällen zwar das „maximal mögliche Verhalten“, nicht jedoch das typische oder künftige Arbeitsverhalten. Insgesamt ist die Probearbeit dennoch deutlich aussagekräftiger als die Angaben und das Verhalten während eines Einstellungsinterviews.

 

Über den Autor
Alexander Rubenbauer ist Psychologe (M. Sc.) und Psychologischer Psychotherapeut. Er bietet Psychotherapie sowohl persönlich in Herrieden bei Ansbach als auch über das Internet an. Er ist per E-Mail erreichbar.

 

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