Psychologie
22. November 2019

Systemische Therapie wird Kassenleistung

Von Alexander Rubenbauer, Nürnberg
 

Neben der Verhaltenstherapie (VT), der analytischen Psychotherapie (PA) und der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie (TP) wird nun auch die Systemische Therapie (ST) ein Psychotherapieverfahren, das vom „Gemeinsamen Bundesausschuss“ (G-BA) sozialrechtlich anerkannt wurde. Das bedeutet, dass diese Therapieform künftig von approbierten Psychotherapeuten, welche die Fachkunde in diesem Verfahren haben, mit den gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgerechnet werden kann und entsprechend auch von den gesetzlich Versicherten zuzahlungsfrei in Anspruch genommen werden kann.

Die Anpassung der Psychotherapierichtlinie (PT-RL), in der Art und Umfang der gesetzlich abrechnungsfähigen Psychotherapieverfahren geregelt sind, hat ein Jahr gedauert. Am 22.11.2018 erkannte der G-BA den Nutzen der Systemischen Therapie an und veröffentlichte ein Jahr später, am 22.11.2019, den Entwurf der neuen Psychotherapierichtlinie. Dieser Beschluss wird nun dem Gesundheitsministerium (BMG) zur rechtlichen Prüfung vorgelegt und tritt bei Nichtbeanstandung mit seiner Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Die wesentlichste Neuerung besteht darin, dass in der Systemischen Therapie ein „Mehrpersonensetting“ mit relevanten Bezugspersonen aus Familie oder sozialem Umfeld (nicht zu verwechseln mit einer Gruppentherapie) genutzt und aller Voraussicht nach auch entsprechend abgerechnet werden kann. Im ersten Bewilligungsschritt können 36 Sitzungen im Umfang von 50 Minuten in Anspruch genommen werden, was auf maximal 48 Sitzungen ausgedehnt werden kann.

Zum Vergleich: In der Verhaltenstherapie sind 60 bis maximal 80 Sitzungen abrechenbar, und in der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie 60 bis maximal 100 Sitzungen. In der analytischen Therapie sind 160 bis maximal 300 Sitzungen möglich.

Die Systemische Therapie wurde bereits im Jahr 2008 durch den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP) wissenschaftlich anerkannt. Wie lange die Prüfung durch das BMG in Anspruch nehmen wird ist nicht bekannt. Damit eine Abrechnung überhaupt möglich ist, müssen durch den Bewertungsausschuss (ein gemeinsames Gremium der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des GKV-Spitzenverbandes) außerdem entsprechende Abrechnungsziffern (auch EBM-Ziffern genannt) geschaffen werden. Aufgrund des Mehrpersonensettings ist nicht nur das Entgelt für eine Sitzung in Systemischer Therapie zu diskutieren, sondern auch gestaffelte Modelle in Abhängigkeit von der Anzahl der in die Therapie einbezogenen Bezugspersonen. Die Schaffung der Abrechnungsziffern soll innerhalb der nächsten sechs Monate geschehen.

 

Über den Autor
Alexander Rubenbauer ist Psychologe (M. Sc.) und Psychologischer Psychotherapeut. Er bietet Psychotherapie sowohl persönlich in Herrieden bei Ansbach als auch über das Internet an. Er ist per E-Mail erreichbar.

 

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