Psychologie
24. Februar 2012

Warum Sie negative Aussagen durch positive ersetzen sollten

Von Alexander Rubenbauer, Nürnberg
 

Negative Aussagen wie “Sprich bitte nicht so laut” sind oft schnell gesagt, weil sie nicht so viel Denkarbeit für denjenigen, der diese Bitte formuliert, erfordern. Wer so formuliert, muss nur daran denken, was er im Moment gerne abstellen bzw. nicht mehr haben möchte, und nicht, was er denn eigentlich stattdessen haben möchte.

Wir verstehen “Nicht-Sätze” schwieriger, da wir uns zuerst die gegenteiligen Konsequenzen zu dem Satz überlegen müssen, und das gilt auch für denjenigen, der zum Beispiel einer Aufforderung nachkommen soll – und für den ist es dann manchmal einfacher, die Aufforderung zu “verwerfen”.

Natürlich würde er sich zum Beispiel mehr Mühe geben, ihr Folge zu leisten, wenn die Aufforderung vom Vorgesetzten kommt, in der Familie lässt sich der Effekt allerdings sicherlich sehr gut beobachten.

Darüber hinaus verstehen wir das Wort “nicht” sehr oft überhaupt nicht. Eine Bitte:

Denken Sie jetzt nicht an einen rosanen Elefanten.

Sehen Sie? Töröö!

Darum ist es sinnvoller und verleiht einer Aufforderung mehr Kraft, diese “positiv” und eindeutig zu formulieren.

Statt “Sprich bitte nicht so laut” ist es deshalb effektiver zu sagen “Sprich bitte leiser”.

Positives kommt beim Gegenüber besser an

Tatsächlich werden positive Aussagen in unserem Hirn “48 Prozent”1 schneller verarbeitet als negative.2 Es sind sogar unterschiedliche Hirnregionen dafür zuständig.3

Aber nicht nur im zwischenmenschlichen Bereich kann uns die positive Umformulierung unserer Wünsche helfen, diese eher erfüllt zu bekommen, sondern auch Unternehmen sollten sich diesem Effekt bewusst sein:

Während es (noch) nicht eindeutig erwiesen ist, ob unser Unterbewusstsein überhaupt in der Lage ist, negative Formulierungen zu verstehen, steht eins fest:

Möglichst einfach und verständlich formulierte (Werbe-)Botschaften erreichen den Empfänger viel eher und sie kommen – ich würde sagen unterbewusst, spätestens nach der Lektüre dieses Artikels jedoch bewusst – freundlicher beim Empfänger an: Statt “Kein Problem” könnten Sie auf eine Bitte des Kunden zum Beispiel “Gerne” sagen. So vermeiden Sie außerdem, das Wort “Problem” zu verwenden, das mit negativen Gefühlen assoziiert ist.

Aus diesem Grund habe ich unter meine Werbetexte, wenn ich nochmal auf die Geld-zurück-Garantie hinweise, geschrieben: “Sie können nur gewinnen” statt “Sie können nichts verlieren” oder “Sie gehen kein Risiko ein” oder Ähnliches.

Glaubt man zum Beispiel an “Bestellungen beim Universum” oder Affirmationen, fährt man ebenfalls besser, wenn man sagt “Ich werde die Prüfung bestehen” als “Ich werde nicht durchfallen”, oder “Ich bin ruhig und entspannt” statt “Ich habe keine Angst” bzw. “Ich bin nicht nervös”.

Auch die umgekehrte Psychologie4 “spielt” mit Verneinungen. Wenn Sie wissen, etwas nicht zu dürfen, worauf entwickeln Sie dann besonders Lust? Wenn Sie Kinder haben, wissen Sie bestimmt, wovon ich spreche.

Was ist stärker? Ja oder Nein?

Bei einem Seminar gab es mal ein interessantes Experiment. Der Seminarteilnehmer sollte seinen Arm ausstrecken und “Ja” bzw. “Nein” sagen, während der Seminarleiter versuchte, seinen Arm nach unten zu drücken.

Nun möchte man annehmen, der Seminarteilnehmer möchte seine ganze Kraft darauf verwenden, etwas, das er nicht will, nicht zu tun: “Nein, ich möchte nicht, dass du mir den Arm gegen meinen Willen herunterdrückst.”

Und obwohl der innere Widerstand beim “Nein” scheinbar größer ist, hatte der Seminarleiter keine großen Probleme, den Arm herunterzudrücken.

Als der Teilnehmer beim gleichen Versuch allerdings dauernd “Ja” sagte, gelang es dem Seminarleiter kaum, den Arm herunterzudrücken. Die inneren Widerstände behinderten offenbar mehr den Fluss der Kraft als sie zu fördern.

Das “Nein” war, als hätte der Mann zu seinen Muskeln gesagt “Nein, ich schaffe es nicht” statt “Ja, ich bin stark, ich halte stand”.

Ähnliches haben wir auch mal im Aikido probiert. Wir sollten uns einmal vorstellen dass wir leicht wie eine Feder seien, und einmal wie uns Wurzeln fest im Boden verankern, und uns dann von zwei Kollegen hochheben lassen.

Und es war tatsächlich so, dass die beiden bei der Feder-Version keinerlei Probleme hatten, mich hochzuheben – es ging super leicht. Bei der Wurzel-Version hatten sie dagegen ernsthafte Schwierigkeiten.

1 Negativ-Formulierungen

2 Nein im Satz verwirrt das Gehirn

3 Negative and affirmative sentences increase activation in different areas in the brain

4 Wikipedia: Reverse psychology

 

Über den Autor
Alexander Rubenbauer ist Psychologe (M. Sc.) und Psychologischer Psychotherapeut. Er bietet Psychotherapie sowohl persönlich in Herrieden bei Ansbach als auch über das Internet an. Er ist per E-Mail erreichbar.

 

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