Minimalismus
24. Juli 2010

Warum gute Lehrer Minimalisten sind

Von Alexander Rubenbauer, Nürnberg
 

Ich möchte Ihnen anhand von zwei Beispielen aus meinem Leben erklären, was einen Lehrer zu einem guten Lehrer macht. Die Antwort lautet: er ist ein Minimalist.

Beispiel 1: Der Rechnungswesen-Lehrer

Meinen ersten Unterricht in Buchführung hatte ich bei einem grauenvollen Lehrer. Er vermittelte mir den Eindruck, Buchführung sei ein unglaublich kompliziertes System und ich dachte, man müsse bei jeder Buchung raten, auf welcher Seite die jeweiligen Positionen zu stehen haben.

Manche können Buchführung und andere eben nicht, hieß es.

Meine Note – eine glatte 6 – fiel dementsprechend aus. Ich gehörte offenbar zu denen, die Buchführung nicht können.

Dann hatte ich einen Nachhilfe-Lehrer, der in diesem ganzen Wust der unterschiedlichsten Buchungen ein ganz einfaches System entdeckte und es an seine Schüler vermittelt hat: “Die Konten, die mit 2 beginnen, nehmen im Soll zu, die 4er im Haben.”

Natürlich gibt es noch Ausnahmefälle, die man extra lernen muss. Aber allein anhand dieser wenigen einfachen Regeln nach dem eben erwähnten Beispiel wären über 90 % aller Buchungen richtig gewesen, was einem nicht nur die Angst nimmt sondern im Zweifel sogar das Schuljahr bestehen lässt.

Die Abschlussprüfung in Rechnungswesen bestand ich aufgrund dieser wunderbar einfachen Darstellung meines Nachhilfe-Lehrers übrigens mit der Note 1.

Beispiel 2: Der Schlagzeug-Lehrer

Wie wohl die meisten Improvisations-Schlagzeuger mag ich keine Noten. Es macht – wie schon oben im Beispiel Buchführung – einen furchtbar langwierigen, komplizierten, bremsenden Eindruck, nach Noten zu spielen, aber ich möchte es dennoch gerne lernen, weil ich mein Schlagzeugspiel professionalisieren möchte.

Aber auch hier kann man minimalistisch beginnen, indem man eben nicht gleich sämtliche Noten, ihr Aussehen und ihre Position, auf einmal lernt, sondern erstmal mit den drei wichtigsten beginnt: Hi-Hat, Snare-Drum und Bass-Drum.

Wozu noch alle anderen Trommeln (“Toms”), sämtliche Becken und diverse Sonderformen lernen, wo man doch gerade erst beginnt? Das kann man später noch nachholen, sobald man es braucht!

Statt also das alles hier zu lernen (was übrigens noch lange nicht vollständig ist) …

… und bei jeder eingezeichneten Note genau darauf achten zu müssen, an welcher Position auf den Notenlinien die Note sitzt, genügt für den Einsteiger erstmal die folgende, um Längen einfachere Darstellung, weil er zu Beginn ohnehin nicht mehr benötigt:

Das nimmt einem die Angst und macht den Kopf frei. Innerhalb weniger Minuten konnte ich so meine erste DIN-A4-Seite voll mit Noten fehlerfrei vom Blatt spielen.

Ich hätte noch zahlreiche weitere Beispiele, aber das waren bislang die eindrücklichsten.

 

Über den Autor
Alexander Rubenbauer ist Psychologe (M. Sc.) und Psychologischer Psychotherapeut. Er bietet Psychotherapie sowohl persönlich in Herrieden bei Ansbach als auch über das Internet an. Er ist per E-Mail erreichbar.

 

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