Warum tut jemand, was er tut?
Alles, was jemand tut, tut er, weil er glaubt, dass es ihn kurz-, mittel- oder langfristig seinem Glück näher bringt.
Dieser Gedanke birgt unterschiedliche weitere Erkenntnisse:
- Grundsätzlich handelt dieser Gedanke von den Absichten, die jemand hat, und geht davon aus, dass die grundsätzliche Absicht das Streben nach Glück bzw. vielmehr das Glück selbst ist, und zwar in seiner reinen Form.
- Anders ausgedrückt kann dieser Gedanke womöglich Antworten auf die Frage liefern, warum jemand überhaupt tut, was er tut, auch wenn es vermeintlich ganz und gar nicht sinnvoll oder glücklich machend ist.
- Kurz-, mittel- oder langfristig bedeutet, dass sich diese unterschiedlichen Zeiträume auch gegenseitig einen Teil vom Glück nehmen können. Es kann sogar durchaus sein, dass jemand um des kurzfristigen Glücks willen etwas tut, was ihm langfristig viel größeren Schaden zufügt oder umgekehrt.
- Seinem Glück impliziert, dass es sich grundsätzlich um ein egoistisches, wenn auch nicht zwangsweise um ein verwerflich-egoistisches Streben nach Glück handelt, anderen Leuten bzw. der Umgebung jedoch letztlich immer weniger Priorität eingeräumt wird als einem selbst. Selbst selbstlosem Handeln unterstellt dieses Zitat den Wunsch, aus dieser Selbstlosigkeit (wenn auch eine eventuell nur abstrakte Form von) Glück für sich selbst zu ziehen.
Zum Beispiel:
- Jemand versucht, seinem Minderwertigkeitskomplex beizukommen, indem er kurzfristig fremdgeht, verliert dadurch jedoch mittelfristig seinen besten Freund und Partner.
- Jemand begeht Diebstahl, weil er sich kurzfristig mit der gestohlenen Sache ein Stückchen Glück verschaffen wollte, bekommt aber eine Strafe, die ihm mittel- oder gar langfristig ein großes Stück vom Glück nimmt.
- Jemand verzichtet auf ein Stück vom Glück, um langfristig mehr davon zu haben, indem er beispielsweise jetzt viel arbeitet und währenddessen auf Vieles verzichtet, aber weiß oder zumindest hofft, dafür später umso mehr entlohnt zu werden.
- Jemand nimmt z. B. beim Zahnarzt kurzfristig Schmerzen in Kauf, um anschließend lange Zeit davon befreit zu sein.
- Jemand nimmt Trennungsschmerz in Kauf, um anschließend frei zu sein für eine Beziehung, die ihn glücklicher macht und um Leid zu beenden, welches einer ungesunden Beziehung inhärent ist.
Die Psychopathologie der Massen
Anregungen für diese Form einer systematischen Massenbeeinflussung holte Hitler sich unter anderem aus dem Buch Psychologie der Massen (1895) von Gustave Le Bon. Er schreibt in “Mein Kampf”: “In der Massenversammlung erhält der sich einsam und allein fühlende Mensch zum ersten Mal das Bild einer größeren Gemeinschaft. Wenn ein einzelner Mensch, der sich an seiner Arbeitsstätte recht klein fühlt, zum ersten Male in die Massenversammlung hereintritt und nun Tausende von Menschen gleicher Gesinnung um sich hat, wenn er als Suchender in die gewaltige Wirkung der suggestiven Begeisterung von mehreren Tausend mitgerissen wird, wenn die sichtbare Zustimmung von Tausenden ihm die Richtigkeit der neuen Lehre bestätigen, dann unterliegt er selbst dem zauberhaften Einfluss der Massensuggestion.” In dieser bewusst und zielgerichtet eingesetzten Massenpsychologie lag ein Schlüssel zum Erfolg der NS-Propaganda.1
Ich wusste nicht, dass es das Buch “Psychologie der Massen” bereits vor Hitler gab und er sich daraus Inspiration geholt hat. Was er da schreibt klingt jedenfalls einleuchtend.
Generell ist der Nationalsozialismus aus psychologischer Sicht sehr ergiebig. Ich weiß leider gerade nicht mehr, wer das erzählt hat, aber sobald bekannt wurde, dass es keinen “Führer” mehr gab, war der Wahnsinn von einem Moment auf den anderen zu Ende und es kehrte gewissermaßen Frieden ein. Das Menschliche kehrte zurück.
Wie kann man sich diesen Gesinnungswandel von einer Sekunde auf die andere erklären?
Der Führerkult sorgte dafür, dass buchstäblich blindes Vertrauen in die Kompetenz des “Führers” erzeugt wurde. “Führer befiehl, wir folgen” wurde zu einem viel verwendeten Slogan. So verschwiegen hochrangige NS-Politiker wie Hermann Göring ihre Zweifel an bestimmten politischen Vorhaben weniger aus Angst vor Denunziation, als vielmehr aus übersteigerter Identifikation mit der allmächtigen Vaterfigur. So formulierte Göring einst: “Ich habe kein Gewissen, Adolf Hitler ist mein Gewissen”.1
Dieses massenhafte Abtreten der Verantwortung an einen Menschen, der bedauerlicherweise überhaupt kein Gewissen hat, ist die Antwort darauf.
Durch die Psychologie der Massen konnte man sagen, dass es gesellschaftlich erwünscht ist, was man gerade macht (oder unterlässt), und durch den Führerkult wurde sichergestellt, dass schließlich der “Führer” dafür verantwortlich ist.
Er hätte ja gesagt man soll das machen, er pflegt stellvertretend für mich mein Gewissen, ich muss also nicht mehr nachdenken, was mir aufgrund der Psychologie der Massen auch nur massive Schmerzen und gesellschaftliche Probleme bereiten würde, sollte ich anfangen Fragen stellen und aus der Reihe zu tanzen.
In dem Moment, als es keinen “Führer” mehr gab (der aufgrund der enormen Konzentration auf diese eine Person auch nicht einfach durch einen Stellvertreter ersetzt werden konnte) war das Volk gezwungen, die eigenen Handlungen wieder mit dem eigenen Gewissen statt dem des “Führers” abzugleichen, was ein Fortführen der Gräueltaten ungleich schwerer machte.
Die Vergangenheit abschütteln, um weiter zu kommen
Wie die Psychologie Heute berichtet, hat der Sozialwissenschaftler Aladin El-Mafaalani von der Ruhr-Universität Bochum analysiert, was diejenigen, die sich aus einer ungünstigen Ausgangslage befreit und es geschafft haben, erfolgreich zu werden, von denen unterscheidet, die das nicht vermochten.
Dafür führte er insgesamt 19 Interviews mit erfolgreichen deutschen und türkischen Akademikerinnen und Akademikern:
Die Befragten, deren Eltern bestenfalls einfache Schulabschlüsse besitzen, haben alle Karriere in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Kunst oder Kultur gemacht. El-Mafaalani interessierte sich vor allem für soziale Barrieren und wie man diese überwinden kann.
Er hat ein typisches Muster gefunden: Ob ausländischer Herkunft oder nicht, alle Bildungsaufsteiger haben sich sowohl innerlich als auch äußerlich von ihrem ursprünglichen Milieu distanziert.
Die innere Distanzierung vollzieht sich durch eine sogenannte Habitusveränderung, die äußere durch den sozialen Aufstieg über Bildung. Habitusveränderung bedeutet, dass die Aufsteiger mehr oder weniger offen ihre eigene Herkunft und damit auch ihre Vergangenheit verneinen. Insbesondere die Ablehnung ästhetischer, kognitiver, körperlicher und moralischer Aspekte des Herkunftsmilieus zeigt, dass Bildung immer auch mit einer Veränderung der Persönlichkeit einhergeht.
Ich verstehe das so, dass man seine Vergangenheit nicht verleugnen soll, da man immerhin das Produkt der in ihr getroffenen Entscheidungen ist. Jedoch sollte man die alte Haut abstreifen, um voran zu kommen und die neue Version seines Selbst zu leben.
Man kann es auch so sehen: Wer diejenigen Aspekte der Vergangenheit verneint oder ablehnt, die ihn in seiner persönlichen Entwicklung behindern, der reißt die Brücken dorthin ein und ist dadurch gezwungen, sich auf der neuen Seite weiter zu entwickeln.
Jemand kann nicht vorwärts kommen, wenn er nicht auch gleichzeitig etwas zurücklässt.1
Siehe auch: Wie kommen benachteiligte Kinder nach oben?
1 Robin Skynner, John Cleese: Familie sein dagegen sehr, 1988, S. 165.
Warum Sie negative Aussagen durch positive ersetzen sollten
Negative Aussagen wie “Sprich bitte nicht so laut” sind oft schnell gesagt, weil sie nicht so viel Denkarbeit für denjenigen, der diese Bitte formuliert, erfordern. Wer so formuliert, muss nur daran denken, was er im Moment gerne abstellen bzw. nicht mehr haben möchte, und nicht, was er denn eigentlich stattdessen haben möchte.
Wir verstehen “Nicht-Sätze” schwieriger, da wir uns zuerst die gegenteiligen Konsequenzen zu dem Satz überlegen müssen, und das gilt auch für denjenigen, der zum Beispiel einer Aufforderung nachkommen soll – und für den ist es dann manchmal einfacher, die Aufforderung zu “verwerfen”.
Natürlich würde er sich zum Beispiel mehr Mühe geben, ihr Folge zu leisten, wenn die Aufforderung vom Vorgesetzten kommt, in der Familie lässt sich der Effekt allerdings sicherlich sehr gut beobachten.
Darüber hinaus verstehen wir das Wort “nicht” sehr oft überhaupt nicht. Eine Bitte:
Denken Sie jetzt nicht an einen rosanen Elefanten.
Sehen Sie? Töröö!
Darum ist es sinnvoller und verleiht einer Aufforderung mehr Kraft, diese “positiv” und eindeutig zu formulieren.
Statt “Sprich bitte nicht so laut” ist es deshalb effektiver zu sagen “Sprich bitte leiser”.
Positives kommt beim Gegenüber besser an
Tatsächlich werden positive Aussagen in unserem Hirn “48 Prozent”1 schneller verarbeitet als negative.2 Es sind sogar unterschiedliche Hirnregionen dafür zuständig.3
Aber nicht nur im zwischenmenschlichen Bereich kann uns die positive Umformulierung unserer Wünsche helfen, diese eher erfüllt zu bekommen, sondern auch Unternehmen sollten sich diesem Effekt bewusst sein:
Während es (noch) nicht eindeutig erwiesen ist, ob unser Unterbewusstsein überhaupt in der Lage ist, negative Formulierungen zu verstehen, steht eins fest:
Möglichst einfach und verständlich formulierte (Werbe-)Botschaften erreichen den Empfänger viel eher und sie kommen – ich würde sagen unterbewusst, spätestens nach der Lektüre dieses Artikels jedoch bewusst – freundlicher beim Empfänger an: Statt “Kein Problem” könnten Sie auf eine Bitte des Kunden zum Beispiel “Gerne” sagen. So vermeiden Sie außerdem, das Wort “Problem” zu verwenden, das mit negativen Gefühlen assoziiert ist.
Aus diesem Grund habe ich unter meine Werbetexte, wenn ich nochmal auf die Geld-zurück-Garantie hinweise, geschrieben: “Sie können nur gewinnen” statt “Sie können nichts verlieren” oder “Sie gehen kein Risiko ein” oder Ähnliches.
Glaubt man zum Beispiel an “Bestellungen beim Universum” oder Affirmationen, fährt man ebenfalls besser, wenn man sagt “Ich werde die Prüfung bestehen” als “Ich werde nicht durchfallen”, oder “Ich bin ruhig und entspannt” statt “Ich habe keine Angst” bzw. “Ich bin nicht nervös”.
Auch die umgekehrte Psychologie4 “spielt” mit Verneinungen. Wenn Sie wissen, etwas nicht zu dürfen, worauf entwickeln Sie dann besonders Lust? Wenn Sie Kinder haben, wissen Sie bestimmt, wovon ich spreche.
Was ist stärker? Ja oder Nein?
Bei einem Seminar gab es mal ein interessantes Experiment. Der Seminarteilnehmer sollte seinen Arm ausstrecken und “Ja” bzw. “Nein” sagen, während der Seminarleiter versuchte, seinen Arm nach unten zu drücken.
Nun möchte man annehmen, der Seminarteilnehmer möchte seine ganze Kraft darauf verwenden, etwas, das er nicht will, nicht zu tun: “Nein, ich möchte nicht, dass du mir den Arm gegen meinen Willen herunterdrückst.”
Und obwohl der innere Widerstand beim “Nein” scheinbar größer ist, hatte der Seminarleiter keine großen Probleme, den Arm herunterzudrücken.
Als der Teilnehmer beim gleichen Versuch allerdings dauernd “Ja” sagte, gelang es dem Seminarleiter kaum, den Arm herunterzudrücken. Die inneren Widerstände behinderten offenbar mehr den Fluss der Kraft als sie zu fördern.
Das “Nein” war, als hätte der Mann zu seinen Muskeln gesagt “Nein, ich schaffe es nicht” statt “Ja, ich bin stark, ich halte stand”.
Ähnliches haben wir auch mal im Aikido probiert. Wir sollten uns einmal vorstellen dass wir leicht wie eine Feder seien, und einmal wie uns Wurzeln fest im Boden verankern, und uns dann von zwei Kollegen hochheben lassen.
Und es war tatsächlich so, dass die beiden bei der Feder-Version keinerlei Probleme hatten, mich hochzuheben – es ging super leicht. Bei der Wurzel-Version hatten sie dagegen ernsthafte Schwierigkeiten.
2 Nein im Satz verwirrt das Gehirn ↩
3 Negative and affirmative sentences increase activation in different areas in the brain ↩
4 Wikipedia: Reverse psychology ↩
Angst, kein Handy dabei zu haben?
Eine Umfrage aus Großbritannien hat ergeben, dass mittlerweile 66 Prozent der Briten “Angst” davor haben, unterwegs mobil nicht erreichbar zu sein, zum Beispiel weil sie das Handy zu Hause gelassen oder vergessen haben, weil sie kein Netz haben, der Akku oder das Guthaben leer ist oder das Handy verloren gegangen ist oder gestohlen wurde.
Diese Kein-Handy-Angst nennt sich Nomophobie, vom Englischen “No Mobile Phone – Phobia”.
Die Umfrage, die mit 1.000 Leuten durchgeführt wurde, hat ergeben, dass die Angst, nicht erreichbar zu sein, mit zunehmendem Alter abnimmt. Oder man könnte auch sagen, dass jüngere Menschen eben schon zu sehr daran gewöhnt sind, immer und überall erreichbar zu sein und es deshalb als Stress empfinden, wenn sie es nicht sind.
Am meisten von der Angst betroffen sind demnach 18 bis 24-Jährige.
1 ‘Nomophobia’ up as more folks fear being mobileless
2 66% of the population suffer from Nomophobia the fear of being without their phone
3 Nomophobia is the fear of being out of mobile phone contact – and it’s the plague of our 24/7 age