Psychologie
19. Juni 2014

Introvertierte und Extravertierte

Von Alexander Rubenbauer, Nürnberg
 

Wozu haben Extravertierte einen Anrufbeantworter? Um keinen Anruf zu verpassen. Und Introvertierte? Um niemals ans Telefon gehen zu müssen.

Introvertierte neigen leider dazu, sich selbst als außergewöhnlich zurückgezogen zu betrachten, obwohl sie es gar nicht sind. Das hat zwei Gründe: Sie sind reflektierend und fokussierend. Das heißt sie denken, bevor sie sprechen, also insbesondere dann, wenn sie gerade nicht sprechen, was wesentlich häufiger vorkommt als dass sie sprechen, und sie sind fokussiert, das heißt sie gehen mehr in die Tiefe, bleiben an einem Problem dran. Außerdem sind sie Alleintäter, die aus dem Alleinsein Energie schöpfen, und darum logischerweise mit viel weniger Gleichgesinnten vernetzt sind als ihre extravertierten Kollegen.

Extravertierte wiederum sind verbal, das heißt sie denken, indem sie sprechen, sind expansiv, das heißt sie gehen thematisch mehr in die Breite, und sie sind Gruppentäter, die aus der Gesellschaft mit anderen Energie schöpfen.

Als ich hierüber nachgedacht habe, ist mir klar geworden, wie sich wohl ein Extravertierter fühlt, wenn er einem Introvertierten gegenüber steht. Wahrscheinlich genau wie ich, wenn ich einem Extravertierten gegenüber stehe.

Als Introvertierter denke ich mir zum Beispiel oft:

Der Extravertierte denkt sich bei Introvertierten wie mir wahrscheinlich:

Aufgrund ihres “Minderheitsgefühls” fühlen sich Introvertierte also seltsam, obwohl sie in Wahrheit Extravertierte als genauso seltsam wahrnehmen. Dabei sollen Introvertierte mit 50 bis 70 % der Menschheit sogar die Mehrheit ausmachen, während etwa 30 bis 50 % extravertiert sein sollen.

Der Introvertierte ist also nicht “falsch”, er wird nur manchmal von gegensätzlichen Charakteren als etwas eigenartig empfunden, aber das gilt umgekehrt genauso, wenn man mal genau hinschaut. Nur sind Extravertierte durch ihre “Umtriebigkeit”, ihr häufigeres In-Erscheinung-treten besser vernetzt und haben darum mehr den Eindruck, dass ihre Art die “normale” ist, und insbesondere Introvertierte bekommen den Eindruck, weil sie die vielen Introvertierten, die einfach außen rum stehen oder sitzen und nichts sagen (oder gleich zu Hause bleiben) nicht so deutlich wahrnehmen wie die Extravertierten, die aufstehen und reden.

Verschlimmert wird dieser falsche Eindruck noch durch Medien, denn denen ist eigen, dass sie glauben, keine Zeit zu haben für die Realität, oder aber, dass sie einfach denken, die Realität ist nicht spannend genug, und darum sieht man überall nur hyperkommunikative Extravertierte, die eine große Show abziehen: im Fernsehen, im Radio, im Kino. Und wer sich damit vergleicht, hat natürlich verloren. Das Problem beginnt dann, wenn ein Introvertierter sich die Medien anschaut und glaubt, so müsse er sein, um “normal” zu sein.

Zahlen und unterscheidende Begriffe aus diesem Buch.

 

17. Juni 2014

Übersicht: Fächer in der Psychologie

Von Alexander Rubenbauer, Nürnberg
 

Allgemeine Psychologie

Die Allgemeine Psychologie untersucht grundlegende Gesetzmäßigkeiten des menschlichen Verhaltens und Erlebens. Sie beschäftigt sich sowohl mit Emotionen und wichtigen Motiven wie Hunger als auch mit Theorien zur Informationsverarbeitung und dem Gedächtnis. Fragestellungen der Allgemeinen Psychologie sind ebenfalls wie Menschen lernen, Probleme lösen und welche typischen Urteilsfehler häufig auftreten. Die Wahrnehmungspsychologie gehört ebenfalls in den Bereich der Allgemeinen Psychologie. Hier geht es beispielsweise um die Wahrnehmung und das Erkennen von Gegenständen und ihrer Eigenschaften, wie etwa die Farbe oder die Bewegungen.

Persönlichkeitspsychologie

Dieses Teilgebiet der Psychologie wird auch als Differentielle Psychologie bezeichnet, da hier die Unterschiede zwischen einzelnen Personen im Mittelpunkt des Interesses stehen. Dabei beschäftigt sich das Fach beispielsweise mit Persönlichkeitsmerkmalen wie Intelligenz, Ängstlichkeit und Kreativität. Wichtige Fragen und Untersuchungsgegenstände sind unter anderem: Welche Unterschiede zwischen Individuen gibt es, wie kommen sie zustande und welche Theorien können zur Erklärung herangezogen werden?

Biologische Psychologie

Die Biologische Psychologie beschäftigt sich allgemein mit den biologischen Grundlagen des menschlichen Verhaltens und Erlebens. Hierzu gehören beispielsweise die unterschiedlichen Strukturen und Funktionen des Gehirns, die Informationsübertragung im Nervensystem, der Aufbau des Auges, die physiologischen Grundlagen der Sinne oder die Schmerzwahrnehmung.

Entwicklungspsychologie

Gegenstand der Entwicklungspsychologie ist die Entwicklung des Menschen über die gesamte Lebensspanne hinweg: von der frühen Kindheit bis ins hohe Erwachsenenalter. Dabei untersucht man unter anderem die sprachliche Entwicklung von Kleinkindern, die Pubertät im Jugendalter und die kognitive Entwicklung im Seniorenalter.

Sozialpsychologie

In der Sozialpsychologie stehen das Erleben und Verhalten von Menschen im sozialen Kontext im Mittelpunkt. Gängige Fragestellungen sind zum Beispiel, wie soziale Gruppen wahrgenommen werden, wie es zur Entstehung von Stereotypen und Vorurteilen kommt und warum diese Vorstellungen über soziale Gruppen oft sehr resistent gegenüber neuen Informationen sind. Weiterhin geht die Sozialpsychologie menschlichem Hilfeverhalten nach und damit der Frage, unter welchen Bedingungen anderen Personen geholfen beziehungsweise wann dies unterlassen wird.

Klinische Psychologie

Die Klinische Psychologie untersucht Erscheinungsformen und Entstehungsbedingungen psychischer Störungen, deren Diagnostik und Therapie sowie Prävention und Rehabilitation. So stellt sich beispielsweise die Frage, wie häufig eine psychische Störung in der Bevölkerung vorkommt, wie sie entsteht, welche Kriterien für eine bestimme Störung erfüllt sein müssen und welche Möglichkeiten zur Behandlung bestehen.

Arbeits- und Organisationspsychologie

Themen der Arbeits- und Organisationspsychologie sind das menschliche Erleben und Verhalten im Kontext von Organisationen. Dabei geht es unter anderem um die Bedeutung und Wirkung von Arbeit, um die Analyse von Arbeitstätigkeiten und die Gestaltung von Arbeitsplätzen. Weiterhin beschäftigt man sich mit der Führung und der Zusammensetzung von Arbeitsgruppen sowie Möglichkeiten zur Auswahl und Entwicklung von Mitarbeitern. Welche Rolle die Arbeitszufriedenheit für die Arbeitsleistung spielt, ist ebenfalls eine Fragestellung aus dem Bereich der Arbeits- und Organisationspsychologie.

Gesundheitspsychologie

Wie wirkt sich Stress auf die menschliche Gesundheit aus? Welche Möglichkeiten gibt es, das Gesundheitsverhalten eines Menschen positiv zu beeinflussen? Wie kann man im Suchtbereich Präventionsarbeit leisten und damit möglichst erfolgreich Rückfällen vorbeugen? All dies sind Fragen, die mit der Gesundheitspsychologie beantwortet werden.

Markt- und Werbepsychologie

Die Markt- und Werbepsychologie erforscht menschliches Konsumverhalten. Hierbei geht man beispielsweise der Wirkungsweise von Werbung auf den Grund: Wie sollte Werbung gestaltet werden, um möglichst viele Konsumenten zum Kauf anzuregen? Wie sollten die Waren im Supermarkt angeordnet und präsentiert werden? Welche Wirkung haben Markenprodukte auf den Konsumenten?

Pädagogische Psychologie

Gegenstand der Pädagogischen Psychologie ist die Erziehung und das menschliche Lernen. Hierbei betrachtet man nicht nur die Unterrichtsprozesse in der Schule, sondern auch die Familie und weitere außerschulische Institutionen wie beispielsweise den Beruf im Rahmen der betrieblichen Weiterbildung. Die Erziehungsstile der Eltern sind ebenso von Interesse wie verwendete Lernstrategien, motivationale Bedingungen des Lernens und Schulleistungsvergleiche wie PISA. Fragen der Pädagogischen Psychologie sind etwa: Wie kann man Erziehungsvorgänge optimieren? Wie kann die Lernmotivation von Kindern gefördert werden?

Kognitionspsychologie

Aufbauend auf der Allgemeinen Psychologie geht die Kognitive Psychologie vertiefend den verschiedenen Aspekten des menschlichen Denkens, Urteilens und Entscheidens nach. Im Mittelpunkt stehen Fragen bezüglich des Gedächtnisses und der Informationsverarbeitung. Betrachtet wird dabei sowohl die Verarbeitung einer einzelnen spezifischen Information wie beispielsweise das Lernen einer Vokabel als auch das Verstehen komplexer Situationen, die wir in unserem Alltag erleben.

Diagnostik

Im Bereich der psychologischen Diagnostik beschäftigt man sich mit unterschiedlichen psychologischen Testtheorien, mit den Grundlagen und Richtlinien zur Entwicklung von psychologischen Tests und den erforderlichen testpsychologischen Gütekriterien. Verschiedene Persönlichkeitstests werden vorgestellt und man setzt sich mit der Intelligenzdiagnostik auseinander. Die Erstellung von psychologischen Gutachten gehört ebenfalls in den Bereich der psychologischen Diagnostik.

Evaluation

Wie kann man die Wirksamkeit von Therapien überprüfen? Erzielt eine schulpädagogische Maßnahme tatsächlich die erwünschten Ergebnisse? Ist das neue Weiterbildungsprogramm besser als die vorherigen? Fragen wie diese können mit psychologischen Evaluationsstudien beantwortet werden.

Methodenlehre

Gegenstand der Methodenlehre ist die fachgerechte Planung, Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von empirischen Untersuchungen. Hierzu gehören folgende Bereiche: Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens, empirische Versuchsplanung auf experimenteller und nichtexperimenteller Basis, Verfahren der statistischen Analyse zur Auswertung der Daten, wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlagen der Statistik, EDV-gestützte Techniken der Datenverarbeitung

Quelle: Universität Mannheim

 

16. Juni 2014

Kurz notiert: Glück bei Martin Seligman

Von Alexander Rubenbauer, Nürnberg
 

Königsweg zu authentischem und damit dauerhaftem Glück: Die praktische Anwendung persönlicher Stärken und Tugenden, besonders der sechs universellen Tugenden:

  1. Weisheit und Wissen
  2. Mut
  3. Liebe und Humanität
  4. Gerechtigkeit
  5. Mäßigung
  6. Spiritualität und Transzendenz

Stärken sind als verschiedene individuelle Zugänge zu den sechs Tugenden zu verstehen. Jeder kann diese universellen Tugenden ausprägen.

Anwendung von Stärken ist konstruktiv und ermuntert andere zu kooperativem, nutzbringendem Handeln (win-win-Situation).

Die ganze kulturelle Evolution ist durch diesen wechselseitigen Zugewinn entstanden.

Weitere Begriffe der positiven Psychologie nach Seligman: Optimismus, Vertrauen, subjektives Wohlbefinden, Glück

Psycho-Neuro-Immunologie: Glücksempfindungen beeinflussen das Immunsystem positiv (durch Nervensystem vermittelt)

Glückliches Leben nach Seligman gelingt, wenn nicht ein angenehmes Leben genossen wird, sondern wenn der Mensch seine Signaturstärken einsetzt und dadurch in einem erfüllten Leben aufgehen kann. Dies wird besonders ermöglicht, wenn ein Sinn hinzukommt (vgl. Frankl).

 

15. Juni 2014

Kurz notiert: Vieldeutigkeit von Aussagen bei Friedemann Schulz von Thun

Von Alexander Rubenbauer, Nürnberg
 

Jede Aussage/Nachricht hat vier Seiten:

  1. Appell
  2. Selbstoffenbarung
  3. Sachinhalt
  4. Beziehungsaussage

Das heißt:

  1. Was ich von dir möchte
  2. Was ich von mir mitteile
  3. Worüber ich dich informiere
  4. Wie ich zu dir stehe

Jede Nachricht enthält sprachliche und nichtsprachliche/nonverbale Anteile (Mimik, Gestik, Tonfall).

Darum entscheidet man noch: Kongruente (Aussage passt zu Mimik: “Ich bin sauer auf dich” – wütendes Gesicht) und Inkongruente Nachrichten (“Es geht mir gut” – trauriges Gesicht).

Es gibt Menschen mit übergroßen/überempfindlichen Ohren für eine bestimmte Seite.

Die Dekodierung (Empfangene Nachricht oftmals ungleich abgesendete Nachricht) hängt ab von Erwartungen, Befürchtungen, Vorerfahrungen einer Person, kurz der Person selbst.

Wie kann man gezielt Missverständnisse reduzieren (von vornherein, aktiv)? Welche Faktoren für gelingende Kommunikation gibt es?

  1. Innere Klarheit
  2. Authentizität
  3. Drei Empfangsvorgänge auseinanderhalten
  4. Metakommunikation betreiben
  5. Aktives Zuhören
  6. Ich-Botschaften nutzen

Innere Klarheit: Sich klar werden was man will/denkt/fühlt macht Aussagen klarer.

Kongruenz/Authentizität: Gefühle und Ausdruck/Kommunikation stimmen überein.

Drei Empfangsvorgänge auseinanderhalten: Etwas wahrnehmen (sehen, hören) → interpretieren (kann richtig oder falsch sein) → fühlen (ist Tatsache) (→ Reaktion)

Metakommunikation als Lösung bei Konflikten (Kommunikation über die Kommunikation): Gute, explizite Metakommunikation verlangt Einblick in die eigene Innenwelt (was wollte ich denn wirklich damit sagen) und Mut zur Selbstoffenbarung (so war etwas wirklich gemeint). (Problem: Es kann auch hier wieder missverstanden werden, bzw. wieder die gleichen Fehler gemacht werden, das wäre dann nur eine Ebenenverlagerung.)

Aktives Zuhören: Paraphrasieren/Deuten/Reflektieren des Selbstoffenbarungsteils des Anderen (Empathie; durch dessen Augen sehen) und ihm als Deutungsversuch in Frageform wiedergeben: „Du meinst also dass du dich ziemlich allein gelassen fühlst?“

Ich-Botschaften: „Ich“-Sätze formulieren statt „wir“ oder „man“. Nicht: „Ich ärgere mich, weil du immer…“ oder „Immer machst du…“, sondern „Ich fühle mich … wenn du …“. So vermeidet man provozierende, verallgemeinernde Anschuldigungen (ergo: konfliktmindernd). Nicht „Aus dir wird nie etwas werden.“ sondern „Ich mache mir Sorgen um dich.“

 

14. Juni 2014

Kurz notiert: Tiefenpsychologie

Von Alexander Rubenbauer, Nürnberg
 

Sigmund Freud: Begründer der Psychoanalyse/Tiefenpsychologie

Motive/Gründe für Denken/Fühlen/Handeln größtenteils unbewusst, dadurch bereits erhebliche Einschränkung der menschlichen Freiheit (Determination).

Persönlichkeit zweifach gegliedert („topologische Struktur“):

1. Instanzenmodell: Es, Ich, Über-Ich (Aufgaben im Rahmen der Persönlichkeit)
2. Grad der Bewusstheit: Unbewusst (beschämend/bedrohlich/verdrängt; größter Teil), Vorbewusst (mehr oder weniger willentlich erinnerbar; mittlerer Teil), Bewusst (gerade aktuell; kleinster Teil) (Eisbergmodell)

Zum Instanzenmodell:

Ich ist Vermittler zwischen Es (Triebe) und Über-Ich (Moral, Ideale) sowie zwischen Innen- und Außenwelt. Das Ich ist also der praktische Verstand, das Realitätsprinzip.

Alle Instanzen enthalten unbewusste, vorbewusste und bewusste Regionen.

Zum Eisbergmodell:

Unbewusste Inhalte kommen z. B. durch Träume ins Bewusstsein. Darum Traumdeutung für Freud Königsweg zum Unbewussten (kein direkter Zugang durch Erfragen).

Alternativ entwickelte Freud die „freie Assoziation“: einfach alles sagen, was einem in den Sinn kommt. Dadurch evtl. Kristallisation verborgener Wünsche/Absichten/Erlebnisse/Gedanken/Konflikte.

Triebkontrolle

Möglichkeiten der Triebkontrolle des Es durch das Ich: Befriedigung, Aufschub, Verzicht, Abwehr.

Abwehr erfolgt durch Verdrängung ins Unbewusste oder Verschieben in erlaubte Richtung:

Abwehrmechanismen

1. Projektion (Schuld ist der Tennisschläger, nicht der Spieler)
2. Verschiebung auf sicheres Ziel (Hass auf Chef ablassen beim Azubi)
3. Intellektualisierung (selbstwertschonende Begründung: „… ist bestimmt sowieso schlecht“)
4. Reaktionsbildung (Verwandlung ins Gegenteil, dadurch überzogen/unnatürlich; Übertriebene “Liebe” statt Hass)
5. Regression (Rückfall in frühere/kindliche Muster)
6. Sublimation (Umleitung in akzeptierte Form: Kultur, Sport, Technik, …; Ersatzhandlung; Libido → kreative Tätigkeiten)

 

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